Zulässige und unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch

Welche Fragen darf ein Arbeitgeber stellen?

Darf der Bewerber auf unzulässige Fragen unrichtig antworten?

Im Grundsätzlich gilt, dass der Bewerber im Vorstellungs- oder Einstellungsgespräch zur wahrheitsgemäßen Beantwortung zulässiger Fragen verpflichtet ist.

 

Doch was sind zulässige und was unzulässige Fragen? 

 

Im Allgemeinen dürfen lediglich Fragen gestellt werden, die für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses und für die ordnungsgemäße Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung von Bedeutung sind. So beschreibt dies das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – umgangssprachlich auch Anti-Diskriminierungsgesetz genannt – welches Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern und beseitigen soll. 

 

Zur Verwirklichung dieses Ziels erhalten die durch das Gesetz geschützte Personen Rechtsansprüche gegen Arbeitgeber, wenn diese ihnen gegenüber gegen die gesetzlichen Diskriminierungsverbote verstoßen. Dies betrifft auch die Inhalte der Bewerbung sowie die Fragestellungen beim Vorstellungsgespräch.  

 

Welche Fragen zulässig und welche unzulässig sind, haben wir Ihnen auf dieser Seite aufgeführt:


Behinderung

Die Frage nach der Eigenschaft oder dem Grad der Behinderung ist unzulässig. Es sei denn, es besteht ein konkreter Zusammenhang zwischen der Schwerbehinderungserkrankung und dem zu besetzenden Arbeitsplatz (BAG, Urteil vom 11.11.1993, R 467/93).

 


Berufliche Qualifikationen und Fähigkeiten

Fragen zu den beruflichen Qualifikationen und Fähigkeiten, insbesondere nach Kenntnissen, Erfahrungen, nach dem bisherigen schulischen und beruflichen Werdegang sowie nach Zeugnis- und Prüfungsnoten dürfen uneingeschränkt gestellt werden.

 

Auch darf das Vorstellungsgespräch kurzzeitig oder gar ganz in einer anderen Sprache geführt werden. Dies wird jedoch i. d. R. nur bei international tätigen Unternehmen oder bei einer Position, die eine gewisse Fremdsprache erfordert, getan.


Eheschließung

Die Frage nach einer zukünftigen Eheschließung überschreitet die Intimitätsgrenze und ist somit unzulässig.


Gehaltsvorstellung

Fragen zu der Gehaltsvorstellung dürfen uneingeschränkt gestellt werden, da diese eine der Grundlagen für den neuen Arbeitsplatz ist.

 

Die Frage nach dem letzten Gehalt ist unzulässig.


Gesundheitszustand oder Krankheiten

Fragen zum Gesundheitszustand sind nur zulässig, wenn ein konkreter Zusammenhang zwischen dem Gesundheitszustand oder der Erkrankung und dem zu besetzenden Arbeitsplatz besteht. Dies gilt insbesondere für Fragen nach früheren Erkrankungen.

 

Fragen nach bevorstehenden Operationen oder beantragten Kurmaßnahmen sind zulässig.

 

Auch sind Fragen nach akuten oder chronisch gesundheitlichen Beeinträchtigung, wie beispielweise folgende, zulässig: 

  • Krankheiten, die den Mitarbeiter dauerhaft oder in bestimmten Abständen immer wieder in seiner Tätigkeit einschränken,
  • Krankheiten, die den Mitarbeiter bei seiner Tätigkeit nicht einschränken, jedoch ansteckend sind und eventuell andere Personen gefährden (z. B. HIV-Infektion bei der Ausübung eines Gesundheitsberufes).

Wenn eine derartige Krankheit besteht, muss der Bewerber auch wahrheitsgetreu auf diese Fragen antworten bzw. sogar von sich aus Auskunft darüber geben, da der Arbeitgeber – falls er den Bewerber einstellt und die Krankheit bemerkt – das Arbeitsverhältnis wegen arglistiger Täuschung gerichtlich anfechten kann, was einer fristlosen Kündigung gleichkommt.


Familienstand und Anzahl der Kinder

Fragen zu den persönlichen Verhältnissen wie Wohnort, Geburtsdatum, Familienstand und Zahl der Kinder sind zulässig.


Hobbies

Fragen zu den Hobbies sind grundsätzlich unzulässig.


Lücken im Lebenslauf

Bei Lücken im Lebenslauf werden die meisten Personalentscheider aufmerksam und haken oft sehr genau nach. Dies ist durchaus zulässig.


Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft

Fragen nach einer Gewerkschaftsmitgliedsschaft sind grundsätzlich unzulässig.

 

Es sei denn, der Arbeitgeber ist eine Gewerkschaft oder ein Tendenzunternehmen.


Religionszugehörigkeit

Fragen nach einer Religionszugehörigkeit sind grundsätzlich unzulässig.

 

Es sei denn, der Arbeitgeber ist eine kirchliche Einrichtung.


Parteizugehörigkeit

Fragen nach einer Parteizugehörigkeit sind grundsätzlich unzulässig.

 

Es sei denn, der Arbeitgeber ist eine Partei.


Schwangerschaft oder Familienplanung

Die Frage nach einer Schwangerschaft oder der künftigen Familienplanung ist unzulässig, da sie eine nach § 611 a BGB verbotene Diskriminierung wegen des Geschlechts enthält.


Sexuelle Identität

Die Frage nach der sexuellen Identität, ob man auf Männer, Frauen oder beide Geschlechter steht oder einen gleichgeschlechtlichen Partner hat, überschreitet die Intimitätsgrenze und ist somit unzulässig.


Soziales Engagement

Die Frage, ob Sie sich sozial engagieren, hat bis auf wenige Ausnahmen keine Relevanz für die Ausübung der Tätigkeit und ist somit überflüssig. 


Vermögensverhältnisse, Lohnpfändungen oder Schulden

Fragen nach den Vermögensverhältnissen, Lohn- oder Gehaltspfändungen oder auch Schulden sind unzulässig.

 

Es sei denn, der Bewerber soll als leitender Angestellter eingestellt werden oder es handelt sich um eine zu besetzende Position in einem besonderen Vertrauensverhältnis, wie z. B. bei einer Tätigkeit in der Buchhaltung, wenn der Arbeitnehmer mit Geld umgehen muss oder die Möglichkeit der Bestechung oder des Verrats von Firmengeheimnissen besteht.


Vorstrafen

Fragen nach Vorstrafen sind zulässig, soweit die künftige Tätigkeit des Bewerbers dies erfordert. So kann ein Kassierer, ein Bankmitarbeiter oder auch ein Buchhalter nach Vorstrafen wegen Eigentums- oder Vermögensdelikten oder ein Kraftfahrer nach Vorstrafen wegen Verkehrsdelikten gefragt werden. 


Die Frage nach einem laufenden Ermittlungsverfahren ist hingegen unzulässig.


Bei einer Tätigkeit am Flughafen muss dagegen nach sämtlichen Vorstrafen angefragt werden, da hier jeder Mitarbeiter einen Luftsicherheitsausweis benötigt. 


Weitere Beschäftigungen

Die Frage nach weiteren Beschäftigungen ist grundsätzlich zulässig und vom Arbeitnehmer wahrheitsgemäß zu beantworten. Wer hier lügt und erwischt wird, verliert zunächst seine Anstellung und kann zu einer Schadensersatzpflicht bis hin zur Freiheitsstrafe angeklagt werden.


Zu beachten ist auch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zur Schadenersatzpflicht bei der Verletzung der Wahrheitspflicht bei geringfügig Beschäftigten. Das BAG (Urteil vom 18.11.1988, R 12/86) hatte bereits zu einem Fall der Verletzung der Anzeigepflicht des geringfügig Beschäftigten über die zusätzliche Aufnahme eines weiteren geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses klargestellt, dass die in einem solchen Fall vom Arbeitgeber nachzuentrichtenden Arbeitgeberanteile zu den gesetzlichen Sozialversicherungen keinen vom Arbeitnehmer zu ersetzenden Schaden darstellen können.


Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Bonn (ArbG Bonn, Urteil vom 08.01.1993) gilt dies auch in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer auf ausdrückliches Befragen eine weitere geringfügige Beschäftigung verschweigt.


Weltanschauung

Fragen nach persönlichen Wertungen, Vorstellungen und Sichtweisen, die die Deutung der Welt, die Rolle des Einzelnen in ihr und die Sicht auf die Gesellschaft betreffen, sind grundsätzlich unzulässig.


Wettbewerbsverbot

Die Frage nach einem bestehenden Wettbewerbsverbot, das die Arbeit im Unternehmen des neuen Arbeitgebers einschränken kann, ist grundsätzlich zulässig. Hier besteht sogar eine Hinweispflicht des Arbeitnehmers.


Fazit

Bei zulässigen Fragen gilt es, die Wahrheit zu sagen, auch wenn es vorkommen kann, dass diese manchmal nicht schön anzuhören sind. Täuscht man bewusst eine falsche Tatsache vor, um als perfekter neuer Mitarbeiter da zustehen, kann die fristlose Kündigung oder eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung drohen – soweit die Fragen zulässig waren.

 

Die Anfechtung sollte der Arbeitgeber stets unverzüglich nach Kenntnis der Anfechtungsgründe vornehmen, auch wenn er hierfür nach dem Gesetz ein Jahr Zeit hat.

 

Sind seit der arglistigen Täuschung mehrere Jahre einwandfreien Verhaltens vergangen und erfährt der Arbeitgeber erst dann von der Täuschung, ist eine Anfechtung in der Regel nicht mehr möglich.

 

Da eine Anfechtung keine Kündigung ist, greifen sämtliche Kündigungsschutzvorschriften, auch das Mutterschutzgesetz, nicht. Auch der Betriebsrat braucht nicht angehört zu werden. 


Doch was tun, wenn der Personalentscheider eine unzulässige Frage stellt?

Hier sollten Sie zunächst einen kühlen Kopf bewahren und die Art der Frage für sich selbst bzw. der Situation nach abwiegen.

 

Unser Rat: Spielen Sie mit offenen Karten. Je nachdem, um was für eine Frage es sich handelt und wie offen Sie dieser gegenüberstehen.

 

Wenn Sie die Frage nicht beantworten möchten: Antworten Sie nett und höflich, dass Sie lt. dem AGG auf diese Frage keine Auskunft geben müssen oder die Intimitätszone überschritten wurde. Doch dies kann die Atmosphäre empfindlich stören und Sie riskieren möglicherweise den neuen Arbeitsplatz.

 

Es kann bei kleinen oder mittelständischen Betrieben sogar vorkommen, dass unbeabsichtigt eine unzulässige Frage gestellt wird – möglicherweise aus Unwissenheit zur Existenz des AGG.

 

Ob die Frage nun unbeabsichtigt, aus Nichtwissen oder aus dem Grunde heraus, dass das AGG dem Personalentscheider mehr oder weniger egal ist, gestellt wurde, spielt letzten Endes jedoch keine Rolle. Sie. Wichtig ist vielmehr, was Sie über Ihre fachlichen Kompetenzen hinaus alles Preis geben möchten.


Gerne bereiten wir Sie auch auf ein anstehendes Vorstellungsgespräch im Einzel-Coaching vor:

Vorstellungsgespräch üben

Sie haben es geschafft: Ihre Bewerbung ist auf weiteres Interesse an Ihnen beim Personalentscheider gestoßen. Sie wurden zum Vorstellungsgespräch eingeladen!

 

Nun möchten Sie optimal darauf vorbereitet sein, doch Bücher und Internetrecherchen helfen Ihnen nicht weiter?

 

Wir trainieren mit Ihnen im Einzelgespräch individuell auf Ihre Situation abgestimmt den praxisnahen Ablauf und seine Tücken des Vorstellungsgesprächs – ob persönlich oder telefonisch (auch per SKYPE, FaceTime oder GOOGLE Voice) – teilen Sie uns bei Ihrer Anfrage einfach Ihre Terminwünsche mit.

 

Damit Sie optimal vorbereitet sind, sich sicher fühlen und so beim Personalentscheider punkten, unterstützen wir Sie, Ihre Person verbunden mit Ihren persönlichen Stärken und Fähigkeiten überzeugend zu präsentieren. Dabei gehen wir u. a. auf typische Fragen ein und welche Antworten hierzu gegeben werden können. Auch zeigen wir Ihnen unterschiedliche Methoden auf, die Personalentscheider gerne einsetzen, um Ihre Kompetenzen und Reaktionen zu testen. 

 

Die Inhalte eines solchen Gespräches können beispielsweise sein:  

  • Der Ablauf des Vorstellungsgesprächs in der Theorie
  • Das Gespräch aus Sicht der Personalchefs
  • Die persönliche Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch
  • Die Körpersprache und ihre Deutung
  • Die richtige Wortwahl
  • Ausarbeitung der Selbstpräsentation verbunden mit den persönlichen Stärken und Fähigkeiten sowie auch der Schwächen
  • Umgang mit schwierigen Situationen und Lampenfieber
  • Kritische Fragen wie bspw. zu den Gehaltsvorstellungen
  • Persönliches Trainerfeedback (Anregungen für Verbesserungen)
  • Vorbereitung auf ein Assessment-Center oder einen Einstellungstest 

Zunächst wird das Gespräch als typisches Vorstellungsgespräch geführt. Anschließend lassen wir dieses Revue passieren und besprechen mit Ihnen, was Sie gut gemacht haben und wo eventuell Verbesserungsbedarf besteht.

 

Für dieses Coaching berechnen wir pauschal 70,00 € – erfahrungsgemäß dauert dieses zwischen 1,5 und 2 Stunden.